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Das Mexikanische Kulturzentrum zeigt Arbeiten der aus Wien stammenden Künstlerin und Weltbürgerin Soshana. Gestatten Sie ein kurzes Leitmotiv als Motto dieser kurzen Rede: 

Soshana und Mexiko – oder, warum kann es kein Zufall sein, dass Mexiko auch ein Ort für die zeitgenössische Kunst wurde, die aus Europa, aus Österreich nach 1938 verfolgt und vertrieben wurde“.

Natürlich ist uns vertraut, dass Mexiko nach 1934 und vor allem bis 1942 Exilland zahlreicher aus Europa vertriebenen Intellektuellen, Künstler, Schriftsteller und der verfolgten Intelligenz wurde. Aber erst in den letzten Jahren ist ins Bewusstsein gerückt, welche Bedeutung Mexiko für die zeitgenössische Kunst des 20. Jahrhunderts gewonnen hatte und für das 21. Jahrhundert hat. Mexiko sollte daher auch und besonders als ein Land der Moderne – ein revolutionäres Land – als Ort von Gegensätzen und Raum ihrer existentiellen Überwindung gelten. 

Die Surrealisten hatten schon sehr bald ihr reges Interesse an Mexiko gefunden, dem Land der ersten sozialistischen Revolution von 1910. Ein aus der europäischen Perspektive gesehen exotisches Land für das sehnsüchtige und fernsüchtige Europa der Zwischenkriegszeit; ein geradezu idealer Raum, wo Psychoanalyse, Kunsttheorie der Moderne, die Manifeste des Surrealismus alltägliche Gestalt anzunehmen schienen.

Ein Land der Exilanten und der Europamüden. Eine neue künstlerische Heimat der Vertriebenen und Verfolgten – aus Spanien, Frankreich, aus Deutschland, Österreich, aus dem europäischen Osten.

Der mexikanische Intellektuelle, Rechtswissenschaftler und Diplomat Isidro Fabela – ja, eben der Protagonist des mexikanischen Protests gegen den „Anschluss“ Österreichs an Nazideutschland – hatte im Frühjahr 1938 die Vaterfigur des Surrealismus, André Breton, nach Mexiko eingeladen, um Vorlesungen über Kunst und Poesie zu halten; vor allem aber auch um einen Brückenschlag vorwegzunehmen, zwischen den Künstlerinnen und Künstlern Mexikos mit denjenigen der europäischen Avantgarde. André Bretons Aufenthalt wurde mit einem Manifest mexikanischer Intellektueller und Künstler begleitet – einem Aufruf für alle Menschen Lateinamerikas („Al Público de América Latina“), unter ihnen so bekannte Protagonisten der mexikanischen Moderne wie der Fotograf Manuel Alvarez Bravo, die Maler Diego Rivera, Rufino Tamayo und Frida Kahlo, die Schriftsteller Salvador Novo und Carlos Pellicer, der Komponist Carlos Chávez.

André Breton ebnete die Wege für die erste internationale Ausstellung des Surrealismus in Mexiko, die Ende 1939 vom österreichischen Surrealisten Wolfgang Paalen und dem Peruanischen Poeten César Moro organisiert wurde: Der Ort der besonderen Ausstellung war die wunderbare Galería Arte Mexicano, von einer besondern Mexikanerin geführt – von Inés Amor

Zu Beginn des Jahres 1940 – am Beginn des Zweiten Weltkriges und der Vernichtung der zeitgenössischen Kunst in Europa – wurde die Galería Arte Mexicano Beweis für die Überzeugung der Modernen Kunst gegen Faschismus und Rassismus. Vertreten wareb hier die bedeutendsten Künstler der Avantgarde, wie Hans Arp, Victor Brauner, Salvador Dalí, Oscar Dominguez, Marcel Duchamp, Max Ernst, Alberto Giacometti, Frida Kahlo, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Rene Magritte, Henry Moore, Pablo Picasso, Remedios Varo, Diego Rivera, Yves Tanguy, um nur einige zu nennen. 

Ein Jahr später schrieb der aus Wien stammende und im mexikanischen Exil wirkende Maler und Philosoph der Moderne, Wolfgang Paalen in das Vorwort der ersten Nummer einer neuen und aufsehen erregenden Zeitschrift, mit dem Namen DYN (abgeleitet aus dem Griechischen für „das Mögliche“):

Alle totalitären Tyranneien
verbannten die moderne Kunst.

Wie recht sie haben.

Denn als vitaler Ansporn der Imagination
ist die Moderne Kunst
eine unschätzbare Waffe
im Kampf um die Freiheit.

Paalen legt damit ein Zeugnis für eine wahre Kunst ab: die immer auch den Menschen in den Mittelpunkt stellt, die immer auch ein Zeichen der Menschenwürde und der Freiheit darstellt.

Kein Wunder, dass die aus Österreich vertriebene Künstlerin Soshana, auch und gerade auch darum ihren Weg nach Mexiko gefunden hatte. Die Zeichen und die Voraussetzungen in Mexiko waren auch nach dem Zweiten Weltkrieg gut vorbereitet, kein Weg der zeitgenössischen Kunst der nicht auch nach Mexiko führte. 

Wolfgang Paalen, dem niemand geringerer als Octavio Paz einen Nachruf geschrieben hatte, zählte sich zu den Pintores Filomexicanos. „Filomexicano“ weist auf zwei Bedeutungen hin, aus dem Lateinischen abgeleitet, bedeutet es „die Söhne und Töchter Mexikos“ und aus dem Griechischen hergeleitet „diejenigen, die Mexikos wahrlich lieben“.

Es liegt daher geradezu auf der Hand auch Soshana in diese Reihe der Künstler und Künstlerinnen hinzuzufügen, die Kinder der „Sprache der Kunst“ Mexikos sind. 

Das bildnerische Werk weist uns eindeutig diesen Zugang, Soshana ist daher auch eine  „pintora filomexicana“. Ihre Begegnungen mit der mexikanischen zeitgenössischen Kunst nach 1960, ihre Ausstellungen in Mexiko, und vor allem ihr mexikanisches Werk, sind beeindruckender Beweis.

Eine besondere und vor allem auch eine sehr tiefe persönliche Freundschaft verbindet in Mexiko Soshana mit dem aus Danzig stammenden Mathias Goeritz. Goeritz ist der Schöpfer der „Arquitectura emocional« (zu deutsch - emotionale Architektur) und es ist wohl der wichtigste Wegbegleiter Soshanas in Mexiko: könnte man daher nicht auch von einer „Pintura emocional“ – einer emotionalen Malerei Soshanas sprechen?

Vieles spricht für diese besondere Kategorie für Soshanas mexikanisches Werk. Sicher auch ihre zahlreichen Begegnungen mit den mexikanischen zeitgenössischen Künstlern, wie Rufino Tamayo und José Luis Cuevas, und den Vertriebenen aus Europa wie Max Aub, Remedios Varo, Alice Rahon, Leonora Carrington, mit mexikanischen Sammlern und Förderern der zeitgenössischen Kunst, wie Carrillo Gil und Kurt Stavenhagen, aber auch mit der Kunstkritikerin und Übersetzerin Marianne Frenk Westheim. Soshanas intensiver Austausch mit den Künstlern Mexikos zeugt von dieser innigen Verbundenheit mit Mexiko - dem Land der Imagination.

Die Mexikanische Botschaft lädt Sie, lädt uns ein, diesen Ausschnitt des Werkes von Soshana kennenzulernen.

Herzlichen Dank Herrn Amos Schueller und
der Mexikanischen Botschaft!

 

Christian Kloyber (13.05.2008)

Christian Kloyber beschäftigt sich seit 1977 mit dem Thema Exil und Kultur in Mexiko, er lebte, studierte, forschte und lehrte in Mexiko von 1977 bis 1990, er ist Mitbegründer der Stiftung Wolfgang e Isabel Paalen in Mexiko und Berater des Museo Franz Mayer (Schenkung Paalen) in Mexiko.

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